Außerklinische Beatmung (Heimbeatmung)
Von außerklinischer Beatmung wird gesprochen, wenn mechanische Atemhilfen vorübergehend oder dauerhaft unter häuslichen Bedingungen oder in Pflegeeinrichtungen verwendet werden. Die Beatmung erfolgt durch die umgebende Raumluft, wobei der zusätzliche Einsatz von Sauerstoff nur in speziellen Fällen erforderlich ist. Heutzutage werden in der Regel mechanische Atemhilfen eingesetzt, die als Überdruckbeatmungsgeräte bezeichnet werden. Die Beatmung kann entweder nicht-invasiv erfolgen, beispielsweise über eine Nasen- oder Mundmaske oder ein Mundstück, oder invasiv über einen Luftröhrenschnitt (Tracheostoma).
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Die Diagnosestellung und die Entscheidung zur Beatmungstherapie werden in einem spezialisierten medizinischen Zentrum mit entsprechender technischer Ausstattung getroffen. In Deutschland erfolgt dies anhand von Kriterien, die in einer Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) e.V. festgelegt sind. Diese Leitlinie wird in Zusammenarbeit mit anderen relevanten Fachgesellschaften, insbesondere der Deutschen Interdisziplinären Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB) e.V., veröffentlicht und regelmäßig überarbeitet.
Zusätzlich zu den subjektiven Symptomen müssen auch objektive medizinische Befunde berücksichtigt werden. Dabei spielen die Lungenfunktionsprüfung, die Blutgasanalyse und die kontinuierliche Messung des Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalts im Blut (nächtliches Monitoring) eine entscheidende Rolle.
Eine der unkompliziertesten und weit verbreitetsten Methoden ist die Lungenfunktionsprüfung, auch bekannt als Spirometrie. Bei dieser Untersuchung werden unter anderem die Lungenvolumina analysiert. Diese können aufgrund von Muskelschwäche verringert sein. In spezialisierten Zentren ist es zudem möglich, die Atemmuskulatur zu testen. Ein bedeutender Messwert ist die Vitalkapazität (VC), welche angibt, wie viel Luft maximal während des Atmungsprozesses ein- und ausgeatmet werden kann. Häufig ist die Vitalkapazität im Sitzen nur leicht reduziert, im Liegen hingegen deutlich vermindert. Wenn die Vitalkapazität unter 70 % liegt, wird empfohlen, eine Untersuchung im Schlaflabor (Polysomnografie) durchzuführen, um nächtliche schlafbezogene Atemstörungen zu identifizieren.
Eine Blutgasanalyse dient der Überprüfung, ob der Körper ausreichend Sauerstoff aufnehmen kann und ob genügend verbrauchte Luft (Kohlendioxid) abgeatmet wird. Es empfiehlt sich, Blutgasanalysen sowohl tagsüber als auch nachts durchzuführen, da eine unzureichende Atmung während des Schlafs signifikant verstärkt werden kann. Der normale Kohlendioxidgehalt im arteriellen Blut (pCO2) liegt zwischen 38 und 42 mmHg. Steigt dieser Wert über 45 mmHg an, so ist eine umgehende stationäre Diagnostik und gegebenenfalls die Einleitung einer Maskenbeatmung erforderlich. Besonders bei Patienten mit Bulbärparalyse ist es von großer Bedeutung, frühzeitig eine Atemstörung zu erkennen. Bei ersten Anzeichen von Abweichungen in den Messergebnissen sollte unverzüglich mit einer Maskenbeatmung begonnen werden.
Die Messung wird in der Regel im Krankenhaus durchgeführt. Ein Anstieg des transkutan gemessenen Kohlendioxidgehalts im Kapillarblut (tcCO2) über 50 mmHg deutet auf eine Atemmuskelschwäche hin und macht eine mechanische Atemunterstützung erforderlich. Eine Untersuchung im Schlaflabor (Polysomnografie) ist nur bei unklaren Schlafstörungen angebracht.
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Bei Vorliegen einer bestätigten neuromuskulären Erkrankung und dem Nachweis von mehr als zwei Leitsymptomen ist es äußerst wahrscheinlich, dass eine klinisch relevante Schwäche der Atemmuskulatur vorliegt.
Die Entscheidung zur nächtlichen Beatmung wird heutzutage oft großzügig getroffen: Sobald bei nächtlichen Messungen Phasen einer schlafbezogenen Flachatmung (REM-Schlaf-assoziierte Hypoventilation) oder Weckreaktionen (Arousals) nachgewiesen werden können, die zu Tagesmüdigkeit, Atemnot oder Kopfschmerzen führen, kann die nächtliche nicht-invasive Beatmung (NIV) dazu beitragen, die Wachheit und Leistungsfähigkeit tagsüber zu verbessern und in vielen Fällen auch die Lebensqualität zu steigern.
Wenn der Patient grundsätzlich positiv gegenüber einer Beatmung eingestellt ist oder noch keine Entscheidung getroffen hat, sollten Atmung und Lungenfunktion alle drei Monate gemäß dem im Diagramm vorgegebenen Schema überprüft werden. Andere behandelbare Ursachen für Atemstörungen (z.B. Herzinsuffizienz, nasale oder bronchiale Engpässe) müssen angemessen behandelt werden. Bei einem schnell fortschreitenden Verlauf oder bei bulbärer ALS sollte frühzeitig mit der Maskenbeatmung begonnen werden.
Bei der Festlegung der medizinischen Indikation durch den Arzt ist es von großer Bedeutung, nach einer umfassenden Aufklärung auch den Willen und die Persönlichkeit des Patienten, seinen allgemeinen Gesundheitszustand, den sozialen Hintergrund sowie das Vorhandensein einer angemessenen pflegerischen und technischen Infrastruktur zu berücksichtigen.
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Es existieren eine Vielzahl von Studien zur Anwendung der nicht-invasiven Beatmung (NIV) bei Amyotropher Lateralsklerose (ALS). Die Resultate dieser Untersuchungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Eine langfristige Beatmung über ein Tracheostoma ist bei ALS-Patienten möglich. Unsere Beobachtungen haben gezeigt, dass bei tracheotomierten Patienten in der Regel innerhalb von 1-2 Jahren eine Lähmung der gesamten Willkürmuskulatur bei ALS Patienten auftritt, mit Ausnahme der Augenmuskeln und der sie umgebenden Muskulatur. Bei 10 - 30 % der Patienten geht nach mehr als 3 Jahren Beatmung auch die Fähigkeit zu zwinkern verloren. Es kommt gelegentlich zu unerwarteten Todesfällen, vermutlich aufgrund einer autonomen Dysregulation. Die Lebensqualität in dieser Situation wird von den Patienten sehr individuell wahrgenommen. Die Belastung der Angehörigen, die sich um die Pflege kümmern, ist in der Regel enorm. Oft zeigen sie sekundäre körperliche und psychische Reaktionen.
Der Patient erfüllt die Kriterien für eine nicht-invasive Beatmung (NIV) und es liegen folgende Umstände vor:
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Die Entscheidung für eine außerklinische Beatmung erfordert eine umfassende Aufklärung der ALS-erkrankten Person und ihrer pflegenden Angehörigen über die Art und den Verlauf der Erkrankung, die Auswirkungen einer Beatmung sowie die Organisation und Finanzierung der erforderlichen Beatmungspflege. Im Rahmen des aufklärenden Gesprächs sollte betont werden, dass die Beatmung zwar nicht das Fortschreiten der Erkrankung stoppen kann, jedoch bei fortschreitender Atemschwäche eine deutliche Verbesserung oder Stabilisierung des Allgemeinbefindens bewirken kann. Eine frühzeitige Aufklärung, spätestens bei ersten subjektiven Symptomen, hilft, Entscheidungsdruck in Notfällen zu vermeiden und ermöglicht eine fundierte Entscheidung für die außerklinische Beatmung.
Eine Patientenverfügung sollte den Wunsch bezüglich Beatmung oder die Ablehnung einer Beatmung oder einer spezifischen Beatmungsform klar festlegen. Dabei werden Entscheidungen zu verschiedenen Behandlungsoptionen getroffen.
Nehmen Sie gerne mit uns Kontakt auf, wenn Sie eine Pflegeberatung benötigen.
Die S2k-Leitlinie mit dem Titel "Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz", herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V., kann unter www.awmf.org heruntergeladen werden.
Die Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB) e.V. setzt sich für die Förderung der Forschung ein und organisiert jährlich einen interdisziplinären Kongress zu Themen der häuslichen Beatmung. Zudem bietet sie Fortbildungen für Ärzte, medizinisches Personal und Pflegefachkräfte an. Weitere Informationen sind auf der Website https://digab.de verfügbar.